1912 erhält Käthe Kollwitz - die von einer Freundin „Tintarolo“ genannt wird - den Auftrag für ein Plakat, das zum Bau von Kinderspielplätzen in Berlin aufrufen soll. Warum sie diesen Auftrag annimmt, wie sie an dem Plakat arbeitet, und welches Schicksal es hat, wird in dieser Erzählung berichtet. Und auch das Leben der Berliner Arbeiterkinder Trude und Anni, die ihr Modell stehen, wird erzählt. Ein Buch, das die Kinder nicht nur mit dem Leben einer Künstlerin und ihrer Arbeit bekannt macht, sondern auch eine Geschichte des Lebens der Kinder vor dem ersten Weltkrieg.
LESEPROBE:
„An einen Verein, der dafür sorgen will, dass alle Berliner Arbeiterkinder mal in vernünftigen Wohnungen aufwachsen werden.“
„Wir auch?“, fragt Trudchen unsicher.
„Ja, Trudchen. Auch ihr!“
„Mit zwei Stuben vielleicht? Wo man nicht mehr zu dritt in einem Bett schlafen muss?“ Vor lauter Begeisterung vergisst Trude, dass ein Modell sich nicht rühren darf. „Und mit einer eigenen Wasserleitung?“
„Gewiss.“
„Und vielleicht nicht mehr im Keller? Und mit einem großen Fenster, dass man endlich mal sehen könnte, wohin abends die Sonne verschwindet.“
„Und mit einem Platz vor dem Haus“, vollendet Frau Kollwitz ihre gemeinsamen Träume, „auf dem du und Anni und all die anderen Kinder spielen dürfen.“
„Nee, Frau Kollwitz, daraus wird nichts“, erklärt Trude kopfschüttelnd. „Unser Hauswirt erlaubt das nie. Nicht mal auf dem letzten Hinterhof lässt er uns seilspringen.“
„Doch nicht auf dem engen Hof zwischen den Mülltonnen“, wehrt Frau Kollwitz ab. „Richtige Spielplätze mit Wippe und Sandkasten und Rasen und Bänken und Bäumen, in denen Vögel singen.“
„Vögel?“, fragt Trudchen. „Haben Sie schon mal eine Lerche gehört?“
Frau Kollwitz nickt.
„Hm ...“. meint Trude, „es gibt also Lerchen. Dann hat Gustav doch nicht gesponnen. Ich hab noch keine gehört und Georg und Paul auch nicht.“
„Ihr werdet bestimmt welche hören!“ Frau Kollwitz steht auf. „Wir müssen uns nur darum kümmern, etwas dafür tun, alle zusammen.“
„Ich muss jetzt nach Hause. Anni ist allein.“ Trude legt die karierte Wolldecke über die Stuhllehne.
An der Tür bleibt sie stehen, aber nicht, um zu fragen, wann sie wiederkommen soll. Etwas anderes bewegt sie. „Kann man auf so einem Spielplatz im Winter auch Schneemänner bauen?“
„Natürlich, und glitschen und rodeln.“ Frau Kollwitz sieht sich schon von den Kindern in eine zünftige Schneeballschlacht verwickelt.
„Und keiner jagt uns weg?“, fragt Trude misstrauisch.
„Keiner!“, behauptet Frau Kollwitz.
LESEPROBE:
„An einen Verein, der dafür sorgen will, dass alle Berliner Arbeiterkinder mal in vernünftigen Wohnungen aufwachsen werden.“
„Wir auch?“, fragt Trudchen unsicher.
„Ja, Trudchen. Auch ihr!“
„Mit zwei Stuben vielleicht? Wo man nicht mehr zu dritt in einem Bett schlafen muss?“ Vor lauter Begeisterung vergisst Trude, dass ein Modell sich nicht rühren darf. „Und mit einer eigenen Wasserleitung?“
„Gewiss.“
„Und vielleicht nicht mehr im Keller? Und mit einem großen Fenster, dass man endlich mal sehen könnte, wohin abends die Sonne verschwindet.“
„Und mit einem Platz vor dem Haus“, vollendet Frau Kollwitz ihre gemeinsamen Träume, „auf dem du und Anni und all die anderen Kinder spielen dürfen.“
„Nee, Frau Kollwitz, daraus wird nichts“, erklärt Trude kopfschüttelnd. „Unser Hauswirt erlaubt das nie. Nicht mal auf dem letzten Hinterhof lässt er uns seilspringen.“
„Doch nicht auf dem engen Hof zwischen den Mülltonnen“, wehrt Frau Kollwitz ab. „Richtige Spielplätze mit Wippe und Sandkasten und Rasen und Bänken und Bäumen, in denen Vögel singen.“
„Vögel?“, fragt Trudchen. „Haben Sie schon mal eine Lerche gehört?“
Frau Kollwitz nickt.
„Hm ...“. meint Trude, „es gibt also Lerchen. Dann hat Gustav doch nicht gesponnen. Ich hab noch keine gehört und Georg und Paul auch nicht.“
„Ihr werdet bestimmt welche hören!“ Frau Kollwitz steht auf. „Wir müssen uns nur darum kümmern, etwas dafür tun, alle zusammen.“
„Ich muss jetzt nach Hause. Anni ist allein.“ Trude legt die karierte Wolldecke über die Stuhllehne.
An der Tür bleibt sie stehen, aber nicht, um zu fragen, wann sie wiederkommen soll. Etwas anderes bewegt sie. „Kann man auf so einem Spielplatz im Winter auch Schneemänner bauen?“
„Natürlich, und glitschen und rodeln.“ Frau Kollwitz sieht sich schon von den Kindern in eine zünftige Schneeballschlacht verwickelt.
„Und keiner jagt uns weg?“, fragt Trude misstrauisch.
„Keiner!“, behauptet Frau Kollwitz.